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Erzbistum Paderborn
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Unvoreingenommener Gesprächspartner hinter Gittern

„Auf eine Kaffeelänge mit…“ Michael King, Gefängnisseelsorger in der (Jugend-) Justizvollzugsanstalt Herford. Eine besondere Krippe gibt hier Anstöße zum Gespräch.

Innerhalb unserer Reihe „Auf eine Kaffeelänge mit …“ treffen wir uns regelmäßig mit einer Person aus dem Erzbistum Paderborn, um die Vielfalt der engagierten ehrenamtlich oder hauptberuflich tätigen Menschen abzubilden. Denn für den Glauben, die katholische Kirche und für das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ehrenamtlich tätigen Menschen sprechen 1000 gute Gründe. Wir möchten von ihnen erzählen, indem wir auch das Gute zur Sprache bringen und sichtbar machen, wie lebenswert und vielfältig unser katholisches Glaubensleben ist. Diesmal haben wir uns mit Michael King, Gefängnisseelsorger in der (Jugend-) Justizvollzugsanstalt Herford, getroffen. Er begleitet die jugendlichen Insassen mit Gesprächen ein Stück ihres Wegs. Eine besondere Krippe spielt eine wichtige Rolle dabei.

„Wir können Impulse, Denkanstöße geben und im Gespräch für die Jugendlichen ein Stück Begleiter auf ihrem Weg sein“, sagt der katholische Gefängnisseelsorger Michael King über seine Arbeit hinter den Mauern des Justizvollzugsanstalt Herford. Mit „Wir“ meint er sich und seinen evangelischen Kollegen Stefan Thünemann. Gemeinsam sind sie Ansprechpartner für rund 210 Insassen im Alter 14 bis 24 Jahren. Rund 90 davon haben eine Kirchenkarte, die zum Besuch der Gottesdienste in der im 19. Jahrhundert errichteten Gefängniskirche berechtigt. „Die Kirche gehört von Beginn 1883 mit zum Konzept der Anstalt“, sagt King.

Seit 2013 ist King Seelsorger in Herford, davor war er in dieser Funktion in der Jugendanstalt Rassnitz in Sachsen-Anhalt tätig. Noch davor sammelte er Erfahrungen als Fachkraft im Entwicklungsdienst. „In der bolivianischen Millionenstadt Santa Cruz de la Sierra arbeitete ich mit Jugendlichen am Rande von Stadt und Gesellschaft“, erinnert er sich. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland bewarb er sich in Rassnitz. Die Regeln des Lebens hinter den Knastmauern, die richtige Ansprache für Jugendliche und Bedienstete, für die er auch da ist, habe er erst lernen müssen.

„Anders als in Gemeinden außerhalb der Gefängnismauern ist bei uns kaum jemand katholisch aufgewaschen. Die meisten Jugendlichen hatten kaum Berührungen mit Christentum oder Kirche“, sagt King: „Wir stehen aber allen für ein unvoreingenommenes Gespräch zur Verfügung.“

Die Seelsorger seien als Gesprächspartner gefragt und respektiert, weil für sie im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern das Zeugnisverweigerungsrecht gilt. „Die jungen Menschen können also sicher sein, dass das, was sie mir erzählen auch nur bei mir bleibt.“ Deren Themen unterscheiden sich gar nicht so von Jugendlichen außerhalb des Gefängnisses: das Verhältnis zur Familie, Probleme in der Beziehung, Trennung oder Todesfälle. Manches – etwa ein Todesfall – treffe die Jugendlichen in der Abgeschlossenheit der JVA noch existentieller als draußen. Auch die Frage nach dem „Wie weiter?“ nach der Haftzeit sei ein wichtiges Thema.

„Vieles passiert im Gespräch. Wenn es gut läuft, sind wir beide am Ende nicht mehr dort, wo wir gestartet sind, sondern haben uns ein Stück weit weiterbewegt, sind also ein Stück gemeinsam gegangen“, sagt King. „Ich gebe keine Ratschläge, denn Ratschläge sind auch Schläge.“ Im Idealfall könne er Wege aufzeigen und hoffen, dass die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen einen Weg für sich erkennen und dann die Energie aufbringen, ihn auch zu gehen.

Wichtig sei es, immer wieder Impulse zu setzen, Gesprächsanreize zu bieten. Einer dieser Impulse ist eine Krippe, die seit vergangenem Jahr in der Adventszeit in der Kirche steht. Geschaffen hat sie der Holzbildhauer Rudi Bannwarth, der sich zuvor intensiv mit der Situation im Gefängnis auseinandergesetzt hat. Dabei liefert jede Figur ein Thema in den Gottesdiensten, die im Normalfall in Runden mit etwa 15 bis 20 Teilnehmern stattfinden. „Zu Weihnachten erwarten wir 60 bis 70 Jugendliche“, sagt King.

„Der Stall der Gefängniskrippe ist eine Zelle. Jesus sitzt darin als Gefangener auf einer Pritsche, Joseph ist nicht als Vater, sondern als Großvater dargestellt. Außenstehende verstehen das nicht sofort, aber für unsere Jugendlichen sind die Großeltern als Ansprechpartner oft wichtiger als die Eltern“, sagt King: „Sie sind sind der Regel eher bereit die Jugendlichen trotz ihrer Fehler oder Verfehlungen so anzunehmen wie sie sind. Oft gibt es in den Familien auch keine Väter.“

Beim Gespräch zeigt King zwei neue Figuren: „Das sind die Hirten, dargestellt als Karten spielende Jugendliche, also auch dem Gefängnisalltag entlehnt. Selbstverständlich dürfen die Jugendlichen bei der Gestaltung mitreden und Vorschläge machen.“ Auch bei den Hirten sieht der Theologe reichlich Anknüpfungspunkte für Gespräche. „Es waren die Hirten, also eher ungebildete Menschen am Rand der Gesellschaft, denen sich mit dem Stern die Nachricht von der Geburt Jesu zuerst offenbart hat“, sagt er: „Jeden Menschen kann also unvermittelt die Botschaft Gottes erreichen. Ob sie verstanden wird und was dann mit ihr gemacht wird, hängt von jedem selbst ab.“

© paderborn.efl-beratung.de/
Ein Beitrag von:
freier Autor

Ralf Bittner

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