Den iroschottischen Mönchen wie Kilian ging es bei ihrer Mission vornehmlich um die Verkündigung, nicht um kirchliche Strukturen oder die Anbindung an Rom. Kilian war kein Organisator wie der heilige Bonifatius. Aber er reiste auch nicht allein, sondern mit entweder zwölf oder zwei Gefährten. Und darin erkennt Weihbischof Boom eine weitere Botschaft für Gläubige heute: „Es geht um Gemeinschaft.“
In diesen Tagen treten viele Menschen aus der Kirche aus. Weihbischof Boom glaubt: „Nicht weil sie ihren Glauben verloren hätten, sondern weil sie das Gefühl haben, für ihren Glauben keine Gemeinschaft mehr zu brauchen.“ In seinen Augen hat die Kirche derzeit das große Problem, „dass wir nicht vermittelt bekommen, wofür es diese Gemeinschaft, die Kirche, braucht.“
Wie beantwortet der Weihbischof selbst diese Frage? „Ich brauche eine Gemeinschaft, weil ich allein schwach bin im Glauben. Ich brauche Menschen, die mich mittragen. Und von diesen Menschen sind oft die die größten Träger, die selbst schwach sind. Nicht die, die alles zu wissen und zu können glauben“, so Weihbischof Boom. Kilian, der nicht allein in die Fremde aufgebrochen ist, kann da Vorbild sein.
Das, was für Kilian Germanien war, ist für die Menschen heute die Zukunft: „Die Zukunft ist das Ungewohnte, das Fremde.“ Und diese Fremde erkundet man besser in Gemeinschaft. „Wie groß denkt sich Christus seine Kirche? Er spricht davon, dass wenn nur zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, dass er dann mitten unter ihnen ist. Das ist der Aspekt der communio, der für uns als Christen etwas ganz Entscheidendes ist. Dass wir in Gemeinschaft den dreifaltigen Gott in dieser Welt bezeugen.“
Wie Weihbischof Boom versucht, ein Kilian zu sein
Was bedeutet das für Ulrich Boom selbst? „Als Amtsträger müssen wir uns fragen: Sind wir die, die die Menschen sammeln?“ Er habe als Weihbischof viel Kontakt zu jungen Menschen: „Für mich ist jede Firmung ein Geschenk. Denn ich sehe, wie viele junge Menschen auf ihre ganz unterschiedlichen Arten und Weisen – manchmal auch nur temporär und manchmal bricht das auch für eine Zeit ab und kommt vielleicht später wieder – versuchen, das Evangelium zu leben.“ Für ihn gehe es dann nicht darum, „meine Botschaft möglichst laut herauszuschreien, sondern in Treue zu den Fragen der Menschen zu stehen – auch wenn ich nicht alle beantworten kann.“
Wer nun am 8. Juli oder zu Libori durch das Paradiesportal des Paderborner Domes tritt, darf sich beim Blick auf die lebensgroßen Holzfiguren an den heiligen Kilian erinnert fühlen. An einen, der Christinnen und Christen inspiriert, den Kopf für die hinzuhalten, die keine Stimme haben. An einen, der daran erinnert, dass Kirche vor allem Gemeinschaft von Menschen sein soll, die einander im Glauben tragen – und dann erst Struktur und Verwaltung ist. Und auch wenn der heilige Liborius in Paderborn heute eine größere Rolle spielt als sein Mit-Patron – der heilige Kilian ist der Kirche der Gegenwart durchaus ein Vorbild.