In Lissabon startet in dieser Woche der 38. Internationale Weltjugendtag mit Papst Franziskus. Aus dem Erzbistum Paderborn sind 250 Jugendliche und junge Erwachsene mit dabei. Zuvor haben sie die „Tage der Begegnung“ zusammen mit 16.000 jungen Leuten aus 35 anderen Nationen im Bistum Porto erlebt. Weihbischof Matthias König, Bischofsvikar für die Aufgaben der Weltkirche und Weltmission sowie Delegierter der Bischofskonferenz für die deutschsprachigen Auslandsgemeinden, begleitet die Paderborner Weltjugendtagspilgerinnen und -pilger. Er blickt im Interview mit Redaktionsleiter Dirk Lankowski voller Freude auf die internationale Begegnung und erhofft sich Impulse für die Kirche in Deutschland.
Weltjugendtage inspirieren junge Menschen und kirchliche Neuaufbrüche
Sind Sie gut in Portugal angekommen?
Das ist eigentlich das Erstaunliche an einem Weltjugendtag, dass man direkt dazu gehört. Ich bin nahtlos vom Liborifest in Paderborn hier nach Portugal gekommen und hatte gleich reichlich Gelegenheit, die Stimmung bei den „Tagen der Begegnung“ im Bistum Porto aufzunehmen.
Sie haben schon öfter an Weltjugendtagen teilgenommen?
Das ist jetzt mein sechster Weltjugendtag: Köln, Madrid, Sydney, Rio de Janeiro, Krakau und nun Lissabon. In Panama konnte ich leider nicht teilnehmen.
Was macht einen Weltjugendtag aus?
Die jungen Menschen können hier allein durch ihre große Präsenz eine ganz neue Erfahrung von Kirche machen. Aus unserem Erzbistum Paderborn sind trotz der schwierigen Zeiten 250 Jugendliche mitgekommen, das finde ich bemerkenswert. Weltjugendtage sind eine große Erfahrung von Weltkirche. Das haben wir bei der gemeinschaftlichen Messe in Porto mit 16.000 Weltjugendtagspilgern aus allen Erdteilen schon erlebt. Ich bin ganz dankbar für diese internationale Feier des Glaubens.
Welche schwierigen Zeiten meinen Sie?
Dass die Kirche durch den aktuellen Säkularisierungsschub so schnell und stark schrumpfen wird, hätte ich nicht erwartet. Dass es immer weniger wird, war erwartbar und schon zu meinen Anfängen als Priester erlebbar. Dazu kommt, dass das Vertrauen in unsere Kirche so erschüttert ist. Und dann der Schmerz darüber, dass gerade für junge Menschen Kirche überhaupt kein Thema mehr ist. Sie sind nicht dagegen, sondern Kirche kommt in ihrer Lebenswelt überhaupt nicht mehr vor.
Sie treffen während Ihrer Reisen durch das Erzbistum, zur Firmung oder Visitation, jedes Jahr mit vielen tausend jungen Leuten. Wie geht es den Jugendlichen?
Ich begegne in der Regel freundlichen und offenen jungen Menschen, wenn ich in die Gemeinden komme. Aber ich erschrecke immer, wenn ich von Seelsorgerinnen und Seelsorgern sowie von Mitarbeitenden in den therapeutischen Diensten Berichte höre, was die letzten Jahre für Spuren hinterlassen haben, aber auch, dass Mobbing in den digitalen Netzwerken ein großes Thema ist. Dass Sorgen und Ängste, psychische Probleme zugenommen haben. Als Kirche und Gesellschaft sind wir gefordert, dass junge Menschen in ihrem Leben bestärkt werden.
Wie geht es den jungen Weltjugendtagspilgern hier?
Die Gruppen hier sind fröhlich gestimmt, alle freuen sich, dass es nach über vier Jahren wieder einen Weltjugendtag gibt und sie diese Gemeinschaft erleben können. Wir haben hier überwiegend hoch engagierte junge Menschen, die sich als Ministranten, in Initiativen oder Jugendverbänden einbringen. Sie freuen sich auf diese Erfahrung von Internationalität und dass ihren Glauben feiern können. Ich hoffe sehr, dass sie dieser Weltjugendtag stärkt, ihnen Kraft gibt für den Alltag.
Was gibt Ihnen als Bischof dieser Weltjugendtag?
Bei unserem ersten großen Gottesdienst war ich einmal mehr beeindruckt über die tausenden junge Leute. Ich habe mich gefreut über viele Fahnen, die geschwenkt wurden, über Menschen, die ihren Glauben wirklich gefeiert haben. Ich möchte aber mich nicht an diese Bilder gewöhnen, weil es so außergewöhnlich ist und bleiben muss. Und dann habe ich Gott gedankt, dass ich das erleben darf, dass es mir Inspirationen gibt, Glaubenszuversicht und Glaubensfreude in Deutschland weiterzugeben. Der Weltjugendtag ist wirklich eine Quelle der Inspiration. Und das können junge Menschen hier auch erfahren und erleben.
Papst Franziskus hat diesem Weltjugendtag das Motto „Maria stand auf und machte sich eilig auf den Weg“ (Lk 1,39) gegeben. Was verbinden Sie damit?
Ich erinnere mich zuerst an das Lied „Eine freudige Nachricht breitet sich aus“. Und das ist ja das, was wir Christinnen und Christen haben: eine großartige Botschaft von Jesus Christus, das Evangelium. Diese gute Botschaft hat die Welt verändert. Was wäre die Welt ohne das Evangelium und die Christen, die die Kranken, die Alten, die Armen, die Benachteiligten in den Blick nehmen. Es ist meine persönliche Überzeugung, dass es bei all den Problemen in der Kirche immer wieder gut ist, sich auf diese Botschaft zu besinnen, um in der Welt zu wirken.
Was erhoffen Sie sich von Papst Franziskus?
Er hat die Gabe, die Jugend zu begeistern. Er versteht es zu inspirieren und uns anzutreiben. Er betont, dass Glauben zum Handeln führen muss, er hebt also die soziale Dimension unseres Engagements hervor. Und als Nachfolger des Heiligen Petrus ist er Garant für die kirchliche Einheit, die wir hier über den Erdkreis verbunden erleben werden. Trotz seines hohen Alters nimmt er diese Herausforderung wahr und ich bete für ihn.
Was erhoffen Sie an Inspirationen für das Erzbistum Paderborn und die Kirche in Deutschland?
Nach jedem Weltjugendtag ist bei uns etwas gewachsen. Ich denke an unsere Bewegung „Young Mission“ in Hardehausen, die Nightfever-Abende in Paderborn und anderen Städten, unser Jugend-Netzwerk „Tabor“ im Südsauerland und lokale Jugendtage. Junge Menschen möchten ihren Glauben feiern und bringen sich dafür begeistert ein. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch dieser Weltjugendtag wieder zu einer Ermutigung wird, den Glauben zu verkünden und uns im Alltag bestärkt.
Für die Deutsche Bischofskonferenz sind Sie für die deutschsprachigen Auslandsgemeinden zuständig. Waren Sie schon in Portugal und in der Gemeinde in Lissabon?
Das ist mein zweiter Besuch in Portugal. Bisher war ich nur im Wallfahrtsort Fatima. Ich werden nun die Gemeinde zum ersten Mal besuchen und dort die Menschen kennenlernen. Die deutschsprachigen Auslandsgemeinden sind wunderbare, lebendige Glaubensorte. Ich erlebe dort eine Freude an Glauben und Gemeinschaft.
Vielen Dank für das Gespräch!