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© Serhii Koval / Shutterstock.com

Wie eine Stammzellenspende zwei Fremde zu Brüdern machte

Das Gebot der Nächstenliebe praktisch umsetzen – das ist Dieter Engel wichtig. Und das wurde Realität: Indem eine Stammzellspende einem fremden Mann das Leben rettete

Ein Tag Anfang Oktober 2023. Auf dem höchsten Gipfel des Berges Vodno in Skopje, unter dem Millenniumskreuz, stehen zwei Männer nebeneinander. Der eine aus Deutschland und Stammzellenspender. Der andere aus Nordmazedonien und Stammzellenempfänger. „In dem Moment habe ich pures Glück gefühlt“, sagt Dieter Engel.

Die einzige Chance

Es ist nun vier Jahre her, dass Dieter den Anruf von der Westdeutschen Spenderzentrale erhielt: Er kann durch seine Blutstammzellen einem lebensbedrohlich an Leukämie erkrankten Menschen helfen. Schon mehrere Male war er in der engeren Auswahl. Dieses Mal aber ist es ernst. Ein hundertprozentiger Match. Die einzige Chance für einen Menschen irgendwo auf der Welt, weiter leben zu dürfen. Und wahrscheinlich auch die letzte Möglichkeit für Dieter, zu spenden. Denn das kann man in Deutschland nur bis zum 61. Lebensjahr. Zu dem Zeitpunkt ist er 59.

„Menschen zu helfen, Menschen zu retten, diesen Wunsch habe ich immer gehabt“, sagt Dieter. Aus diesem Grund wollte er Arzt werden. Sein Abitur war zwar gut, aber nicht gut genug. Er entschied sich, Lehrer zu werden. Mit dem Fach Sport, in dem auch Wissen in Physiologie und Anatomie eine Rolle spielen. Und dem Fach Religion. „Als Kind hatte ich auch den Berufswunsch des Pfarrers. In der Pubertät aber änderte sich das schon aufgrund des Zölibats. So habe ich schlussendlich die familienfreundlichere Variante des Reli-Lehrers gewählt.“

Das Gebot der Liebe

Aufgewachsen ist Dieter Engel in einem kleinen Dorf im Sauerland. In einer tiefreligiösen Familie und „einem Muss der kirchlich katholischen Erziehung“, wie er erzählt. Heute wohnt er mit seiner großen Familie im Ruhrgebiet, ist Ehemann, Vater von vier Kindern, Opa von vier Enkeln. „Ich bin überzeugter Christ mit einem starken persönlichen Glauben.“ Was ihn besonders fasziniert: Jesus als leibhaftiger Sohn Gottes. „Die Geschichten sind heute noch aktuell, können Tipps geben für das Leben und den Umgang miteinander. Ganz wesentlich finde ich, dass Jesus die Auslegung der zehn Gebote ins Spitzfindige immer kritisierte. Ihm war das viel zu kompliziert und er fasste sie mit dem Gebot der Gottes- und der Nächstenliebe zusammen. Dieses Gebot umzusetzen, geistlich, platonisch und helfend, das begeistert mich.“

Lebendig christlich

Frühestens zwei Jahre nach erfolgreicher Transplantation endet die Anonymitätsfrist. Ende 2021 erreichte Dieter Engel ein erster Brief. „Angaben wie der Name und Wohnort waren geschwärzt. Zu der Zeit habe ich erfahren, dass mein genetischer Zwilling ein Mann ist, 48 Jahre alt und Vater von zwei Kindern.“ Was folgte war ein weiterer Briefaustausch. Mit mehr Informationen. Mit Namen und Wohnort: Zoran Gjorgjioski, wohnhaft in Skopje. Dann der erste Videoanruf. „Die Übertragungsqualität war ziemlich schlecht. Unsere Familien in Deutschland und in Mazedonien saßen mit vor den Bildschirmen. Zoran hatte zwei Jahre gekämpft. Dazu kam die Pandemie mit ihren Auswirkungen auf allen Ebenen. Aber er war geheilt“, erzählt Engel.

Im Herbst 2023 dann der Besuch in der nordmazedonischen Hauptstadt. Das erste leibhaftige Zusammentreffen auf dem Flughafen, die erste Umarmung. „Dieser Moment hat mich ergriffen. Und Zoran hatte Tränen in den Augen. Das, was zwischen uns passiert ist, ist schon lebendig christlich, das muss man sagen. Wir reden beide von Fügung.“ Was Dieter damit meint: Die beiden haben viele Parallelen gefunden, in ihrem Glauben und an vielen Stellen in ihrem Leben. Dass beide auch den Fußball lieben, wertet Dieter fast als Sahnehäubchen. „Dass Zoran als BVB-Fan auf den falschen Verein im Revier setzt, fällt nicht ins Gewicht. Sein Großvater hat 30 Jahre in Dortmund gelebt, er hat also einen guten Grund.“ Ein (fast) kleiner Scherz von Dieter, dem treuen Schalker.

Bruder und Brother: von Gott begleitet

Seit Dieter Engel volljährig ist, ist er Spender. Statt Wehrdienst zu leisten, engagierte er sich beim Deutschen Roten Kreuz. Da lag es nahe, selbst Blut zu spenden. Ein konkretes Erlebnis – die Frau eines Freundes war an Leukämie erkrankt – motivierte ihn, sich als Stammzellenspender registrieren zu lassen.

„Viele Menschen möchten nicht spenden, weil sie Angst haben, dass ihnen irgendetwas passieren kann. Ich spüre keine Angst. Ich fühle mich von Gott begleitet. Ich glaube, dass er mich nicht fallen lässt bei dem, was ich tue“, sagt Dieter. „Die Stammzellenspende ist der höchste Akt der Nächstenliebe. Die größte gute Tat meines bisherigen Lebens. Mit für mich beinahe lächerlich geringem Aufwand. Ich bin zutiefst dankbar.“

Ein Tag Anfang Oktober 2023. Auf dem höchsten Gipfel des Berges Vodno in Skopje stehen zwei Männer nebeneinander. Den größten Teil ihres Lebens kannten sie sich nicht. Heute sagen sie „Bruder“ und „Brother“ zueinander.

Stammzellspenden retten Leben!

Blutstammzellen sind die Basis des blutbildenden Systems. Sie produzieren die verschiedenen Blutzellen, die die lebensnotwendigen Aufgaben – Sauerstoff transportieren, Krankheitserreger bekämpfen – im menschlichen Körper übernehmen. Bei Leukämie oder Blutkrebs ist die Blutbildung gestört. Da helfen gespendete Stammzellen. Jeder gesunde Mensch zwischen 18 und 55 Jahren kann sich in einer Stammzellspenderdatei registrieren lassen. Dazu erfolgt eine Typisierung der Gewebemerkmale. Das bedeutet nicht direkt eine Blutstammzellspende. Sollte eine registrierte Person für eine Spende in Frage kommen, erfolgen weitere Tests und Auswahlverfahren, an deren Ende eine Spende steht. Bei der häufigsten Spende-Methode, der Blutstammzellspende, werden Stammzellen aus dem Blut gefiltert. Mehr Infos auf der Webseite der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS):

 

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Wir möchten hören, was Sie im Leben und Glauben trägt – egal, ob Sie in der Kirche arbeiten, ob Sie engagiert sind oder ob Sie einfach neugierig auf unsere Themen und Angebote sind. Alle sind herzlich eingeladen, bei der Initiative „1000 gute Gründe“ mitzumachen. Denn je mehr wir sind, desto stärker ist unsere Stimme. Und umso stärker wird unsere Initiative, die in den kommenden Jahren und Monaten immer weiter wachsen wird.

Ein Beitrag von:
Freie Journalistin

Birgit Engel

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