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Erzbistum Paderborn
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© wellphoto / Shutterstock.com

Zwei Außenblicke auf das Zukunftsbild

Dr. Monika Willer und Christoph Schmidt, zwei Journalisten aus dem Erzbistum, blicken aufs Zukunftsbild.

Themenspecial “Fünf Jahre Zukunftsbild”

Wir haben mit zwei Journalisten von Lokalzeitungen aus dem Gebiet des Erzbistums über das Zukunftsbild gesprochen. Dr. Monika Willer von der Kulturredaktion der Westfalenpost und Christoph Schmidt, Editor beim Hellweger Anzeiger, schildern ihre Eindrücke.

"Die Kirche darf sich nicht aus der Fläche zurückziehen"

Redaktion

Welchen Gesamteindruck haben Sie vom Zukunftsbild? Wie wirkt der Weg auf Sie, den das Erzbistum seit 2014 beschreitet?

Monika Willer

2014 habe ich das Zukunftsbild anders beurteilt als heute. Damals war es für mich eine Möglichkeit, mit aktuellen Herausforderungen umzugehen, zum Beispiel mit der geringer werdenden Priesterzahl. Es zeigte für mich auch einen Weg, mehr Beteiligung zu ermöglichen. Der Gesamteindruck war also: So kann es gehen. Seitdem gab es aber  viele negative Erlebnisse, auch persönlich und nicht nur im Erzbistum Paderborn. Meine Mutter ist gestorben, der zuständige Pfarrer hat 15 Pfarreien zu versorgen und hat sich bis heute nicht bei uns gemeldet. Da ist meine These: Wenn Kirche es nicht schafft, existentielle kirchliche Aufgaben zu übernehmen, also die Basisseelsorge aufgibt, dann scheitert sie.

Redaktion

Was empfehlen Sie der Kirche vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen?

Monika Willer

Man darf die Kirche nicht aus dem Dorf oder aus der Nähe der Menschen holen. Kirche muss vor Ort präsent bleiben, sie darf sich nicht aus der Fläche zurückziehen. Die persönliche Nähe der Kirche zu den Menschen ist wichtiger, als das Amt des Priesters an ein bestimmtes Geschlecht oder an das Zölibat zu binden – zum Beispiel könnten Diakoninnen die Situation vor Ort entspannen. Vor diesem Hintergrund finde ich es zum Beispiel einen richtigen Schritt, wenn Priester von Verwaltungsaufgaben befreit werden – das sind Aufgaben, die auch von Laien wahrgenommen werden können. Einen falschen Schritt finde ich Kirchenschließungen: Sie sind aus finanzieller Sicht vielleicht nachvollziehbar, aber aus dem Blickwinkel der Evangelisierung eine Katastrophe. Wer Evangelisierung will, darf sich nicht aus der Fläche zurückziehen. Wie wichtig Nähe ist, lehrt übrigens auch ein Blick zurück ins Mittelalter: Damals wurden selbst in den kleinsten, unbedeutendsten Winkeln Kapellen und Kapellchen errichtet, um zu zeigen: Wir sind hier.

“Mein Traum wäre es, die Schönheit sauerländischer Kirchen zu erschließen als Orte von Gottesdienst, Musik und Besinnung. In St. Cyriakus in Schmallenberg wurden kürzlich zum Beispiel karolingische Fresken restauriert… Ich bin mir sicher: Wenn diese Kirche in der Toskana stünde, kämen täglich Hunderte von Touristen. Eine Kirche sollte für mich aber auch „der andere Ort“ bleiben, der Ort, an dem man schweigt und sich besinnt.”

Zur Person:
Dr. Monika Willer ist seit 25 Jahren Redakteurin der Westfalenpost. Als Jungredakteurin in der Lokalredaktion Brilon, danach Kulturredaktion im Mantel der WP in Hagen. Promovierte Musikwissenschaftlerin.

Redaktion

Welche positiven Ansätze sehen Sie?

Monika Willer

Es gibt in unseren Gemeinden ja noch viel, was funktioniert. Da denke ich zum Beispiel an die Sternsinger, die Ortscaritas, die kfd-Frauen… Unsere Welt sähe anders aus, wenn es all das nicht mehr gäbe. Ein großer Schatz sind für mich auch die Kirchenräume an sich. Raumerfahrungen, die man dort machen kann, müssten den Menschen viel mehr vermittelt werden. Mein Traum wäre es, die Schönheit sauerländischer Kirchen zu erschließen als Orte von Gottesdienst, Musik und Besinnung. In St. Cyriakus in Schmallenberg wurden zum Beispiel karolingische Fresken restauriert… Ich bin mir sicher: Wenn diese Kirche in der Toskana stünde, kämen täglich Hunderte von Touristen. Eine Kirche sollte für mich aber auch „der andere Ort“ bleiben, der Ort, an dem man schweigt und sich besinnt.

Redaktion

Sind Kirchen aus Ihrer Sicht heute nicht mehr „andere Orte“?

Monika Willer

Es gibt heute in Kirchen sicher das ein oder andere Angebot, für das das Pfarrheim vielleicht der bessere Ort wäre.

Redaktion

Wie sähe für Sie die ideale Gemeinde aus?

Monika Willer

Die ideale Gemeinde ist einfach da, in meiner Nähe, und trotzdem nicht aufdringlich. Sie bietet Gottesdienste so an, dass ich sie besuchen kann. Sie bietet Projekte an, an denen ich mich gerne beteilige. z.B. Kirchenchöre. Generell glaube ich, dass Kirchenmusik sehr viele Beteiligungsmöglichkeiten für die verschiedensten Personen und Talente bietet. Das Erzbistum hat ja auch Leuchtturmprojekte für Kirchenmusik errichtet. Die sind unglaublich fruchtbar, es wächst, gedeiht und blüht. Da ist das Erzbistum Paderborn auch Vorreiter.

Redaktion

Was kann Kirche sich gar nicht leisten?

Monika Willer

Kirche kann es sich nicht mehr leisten, etwas zu vertuschen. Je transparenter sie ist, desto einfacher macht sie es den Menschen. Und: Die Sprache der Kirche muss einfacher werden. Die größten Predigten haben eine einfache Sprache.

"Das Erzbistum formuliert ein Selbstverständnis im Zeitgeist"

Redaktion

Als Sie zum ersten Mal das gedruckte Zukunftsbild in den Händen hielten, hatten Sie welche Erwartungen?

Christoph Schmidt

Zugegeben, zum ersten Mal richtig in Kontakt bin ich mit dem Zukunftsbild erst 2017 gekommen, als es darum ging, die journalistische Begleitung des Diözesanen Forums in Unna durch den Hellweger Anzeiger vorzubereiten. Angesichts des doch gut 100 Seiten starken Zukunftsbildes, musste ich zunächst einmal durchschnaufen, doch die zeitgemäße Aufmachung und nicht zuletzt die Strukturierung durch das rasch erkennbare Farbleitsystem hat dann doch neugierig gemacht, wie sich die das Erzbistum im frühen 21. Jahrhundert selbst sieht und was es den Menschen auf diese Art mitteilen möchte. Unterbewusst habe ich vielleicht auch befürchtet, dass es sich um eine große Werbekampagne für die katholische Kirche handelt.

Redaktion

Und haben sich diese Befürchtungen erfüllt?

Christoph Schmidt

Beim ersten Durchblättern wurde mir schnell klar, dass es sich beim Zukunftsbild ganz und gar nicht um eine Werbekampagne handelt oder gar um eine Anbiederung an eine junge Generation, die den Bezug zur Kirche verloren hat. Das Erzbistum formuliert hier ein Selbstverständnis im Zeitgeist, das mit einer erfrischenden Offenheit die Nähe zu den Menschen sucht.

Christoph Schmidt wurde 1982 in Dortmund geboren und machte sein Abitur in Holzwickede. Sein Journalistik-Studium absolvierte er in Dortmund. Seit 2013 ist er Redakteur beim Hellweger Anzeiger.

Redaktion

Wie beurteilen Sie heute nach fünf Jahren die Umsetzung in der Praxis? Haben Sie Erfahrungswerte? Gibt es Modelle in Ihrer journalistischen Region, die das Zukunftsbild anschaulich machen?

Christoph Schmidt

Da in meinem Verständnis die Formulierung des Zukunftsbildes keinen grundsätzlichen Kurswechsel in der kirchlichen Arbeit einläutet, sondern eine Orientierungshilfe schaffen sollte, ist es tatsächlich schwierig mit dem Finger auf einzelne Projekte in den Pastoralen Räumen zu zeigen, an denen sich die Handschrift des Zukunftsbildes wiedererkennen lässt.

Freilich fallen an vielen Stellen bei Terminen vor Ort die farbenfrohen Kreuze ins Auge, doch zu sagen, diese Aktion oder jenes Projekt wäre vor dem Zukunftsbild nicht oder anders ausgefallen, ist für mich schwer zu beurteilen. Eine gewisse Offenheit der Gemeinden, sich auch etwas ausgefalleneren Projekten zuzuwenden, hat es im Kreis Unna schon immer gegeben. Als ich für die Beantwortung dieser Fragen noch einmal durch Websites des Erzbistums gescrollt habe, ist mir die Spiegelkrippe in der St. Katharina-Kirche wieder ins Gedächtnis gerückt. Das hat tatsächlich die Intention des Zukunftsbildes vor Ort in den Gemeinden sehr gut getroffen. Anstatt der „traditionellen“ Krippe im Holzhäuschen wurden die Krippenfiguren aus Spiegelglas gefertigt, sodass sich die Menschen beim Betrachten selbst sehen und somit, nach meinem Verständnis, direkt erleben, dass sie selbst auch immer ein Teil der gelebten Religionsgeschichte sind und es eben nicht darum geht, sich mit Geschichten (in diesem Fall der Weihnachtsgeschichte) zu befassen, sondern die Essenz dessen zu erkennen und auf die Jetzt-Zeit und die Menschen zu projizieren.

Redaktion

Sie haben das Diözesane Forum in Unna zuletzt begleitet. Wie war Ihr Eindruck?

Christoph Schmidt:

Dadurch, dass für die aktuelle Produktion der gedruckten Sonderveröffentlichung zum Diözesanen Forum in Unna noch am Auftaktabend fleißig gearbeitet wurde, habe ich leider nicht so viel von der Veranstaltung mitbekommen, wie ich es gern hätte. Woran ich mich jedoch sehr gut erinnere, ist die tolle Stimmung und die herzliche Offenheit der Menschen. Ich war ein wenig überrascht, hatte ich doch von einem Diözesanen Forum eher etwas wie eine Konferenz erwartet mit straffem Zeitplan und vielen Vorträgen. Dann zu sehen, dass es sich eher um einen großen Workshop handelt, bei dem alle Beteiligten in konstruktiver Kreativität die gemeinsame Zeit nutzen, um Ideen zu entwickeln und sich auszutauschen, voneinander zu lernen, war wirklich beeindruckend.

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