Was Badurad und Aldrich in die Wege geleitet hatten, wurde schließlich von Kaiser Ludwig dem Frommen endgültig veranlasst: Er gab den Befehl, die Reliquien des hl. Liborius nach Paderborn zu übertragen. Im Frühling des Jahres 836 reiste eine Paderborner Delegation nach Le Mans, um die Gebeine des Heiligen in Empfang zu nehmen. Schon die Erhebung der Reliquien in der Zwölfapostelkirche war nach der Überlieferung von zahlreichen wunderbaren Zeichen begleitet. So soll sich, als der Leib des Heiligen aus den Gräbern gehoben wurde, in der ganzen Kirche ein wundervoller Geruch verbreitet haben.
Die Übergabe der Reliquien begründete den Bund ewiger Bruderschaft zwischen dem Erzbistum Paderborn und dem Bistum Le Mans. Zum Pfingstfest kehrte die Gesandtschaft mit den Reliquien nach Paderborn zurück.
Die Verehrung des hl. Liborius in der Neuzeit
Zu einem Kultaufschwung trug das Schicksal der Paderborner Liboriusreliquien in den Wirren des 30-jährigen Krieges bei: 1622 eroberte der protestantische Herzog Christian von Braunschweig auf der Suche nach einem Winterquartier die Stadt Paderborn. Dabei plünderte er den Domschatz, auch den Schrein mit den Reliquien des hl. Liborius. Auf einem Feldzug, der ihn nach Elsass-Lothringen führte, verkaufte er den Schrein an den Rheingrafen Philipp Otto, der ihn auf das Schloss seiner katholischen Gemahlin nach Nancy bringen ließ.
Als das Paderborner Domkapitel den Aufenthaltsort der Reliquien erfuhr, gelang es ihm, den Schrein zurückzukaufen. 1627 konnten die Reliquien wieder im Hochaltar des Domes beigesetzt werden. Der Silberschmied Hans Krako hatte zu diesem Anlass einen neuen kostbaren Schrein für die Reliquien gefertigt, der bis heute bei den Libori-Prozessionen durch Paderborn mitgeführt wird.
Bestand des Bistums gesichert
Auch kirchenpolitisch erlangte die Liboriusverehrung große Bedeutung: Als die Friedensverhandlungen zur Beendigung des 30-jährigen Krieges geführt wurden, fürchtete man in Paderborn, das Bistum könnte aufgelöst und Hessen zugeschlagen werden. Das Domkapitel bat daraufhin das Domkapitel von Le Mans, sich beim französischen König Ludwig XIV. für den Erhalt des Bistums einzusetzen. Tatsächlich stellte der König 1647 eine Protektionsurkunde aus, was den Bestand des Bistums sicherte. So hatte sich der Bund zwischen Le Mans und Paderborn erneut bewährt.
Nach dem 30-jährigen Krieg entstanden im 17. und 18. Jahrhundert neue Kapellen, Bildstöcke und Statuen zu Ehren des Diözesanpatrons: in Lothringen, in Bonn und Münster sowie im fernen Italien.